Bauten und Anlagen

Das Bau- und Umweltrecht verwendet die Begriffe „Bauten und Anlagen“. Das Planungs- und Baugesetz enthält ein Kapitel mit Begriffsdefinitionen (Art. 73 ff. PBG), dass zumindest das „Gebäude“ definiert. Juristen verwenden folgende Definitionen:

Bauten sind Bauwerke, die kubisch und räumlich in Erscheinung treten und derart ausgestaltet sind, dass sie geeignet sind, Menschen, Tiere oder Sachen gegen Witterungseinflüsse ganz oder teilweise zu schützen. Darunter sind alle baulichen Vorrichtungen zu subsumieren, die baupolizeilich und planerisch von Bedeutung sind.[1]

Demgegenüber liegt eine Anlage vor, wenn das Ergebnis einer baulichen Massnahme in Form, Gestalt und Ausmass derart in Erscheinung tritt und auf die Nachbarschaft oder auf den öffentlichen Grund in der Weise einwirkt, dass dadurch öffentliche Interessen berührt werden bzw. wenn damit im Allgemeinen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge so wichtige räumliche Folgen verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht.[2]

Ein tageweise errichtetes Kinderbad ist weder eine Anlage, noch eine Baute. Ein fest installierter Swimmingpool oder ein Trampolin sind Anlagen. Ein überdachter Swimmingpool ist eine Baute.

Die Unterscheidung zwischen Bauten und Anlagen ist deshalb bedeutsam, weil das Recht teilweise unterschiedliche Regelungen für diese beiden Arten enthält.

Der Grenzabstand (Art. 92 PBG) gilt nur für Bauten. Die Gemeinden sind aber befugt, in ihren Baureglementen zusätzliche Abstände für Anlagen zu erlassen.

[1] VerGE vom 12. Dezember 1984 i.S. E.K.

[2] VerGE vom 30. Mai 1995 i.S.B. und M. mit Hinweis auf BGE 119 Ib 226 f.

Bauvorschriften für Bauten und Bauteile (Art. 79 ff. PBG)

Die Gemeinden müssen in ihren Nutzungsplänen für Bauten und Bauteile mindestens Massangaben über Gesamthöhe, Grenzabstand und Gebäudeabstand festlegen. Dies stellt eine geordnete Siedlungsentwicklung sicher und schafft Rechtssicherheit für die Nachbarn, wenn je Nutzungszone wenigstens die Gesamthöhe, der Grenz- und der Gebäudeabstand festgelegt sind.

Darüber hinaus steht den Gemeinden ein Katalog an Regelbauvorschriften zur Verfügung, die sie ihren Bedürfnissen entsprechend regeln können (z.B. Gebäudelänge und –breite, Gebäude- oder Fassadenhöhe).

Art. 79 PBG bezieht sich ausschliesslich auf Bauten und Bauteile. Für Anlagen dürfen keine Regelbauvorschriften, insbesondere kein Grenzabstand, erlassen werden (das geht nur mit einem Sondernutzungsplan).

Entgegen dem Baugesetz kennt das PBG keine Ausnützungsziffer und keine Vorschriften über Geschosse mehr.

Begriffe (Art. 73 ff. PBG)

Das PBG definiert eine Reihe von Begriffen, die im Baugesetz fehlten.

  • Gebäude sind ortsfeste Bauten, die zum Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen eine feste Überdachung und in der Regel weitere Abschlüsse aufweisen (siehe auch Ziffer 4.3).
    • Nicht ortsfeste Objekte wie Camping- oder Baustellenwagen sind damit keine Gebäude
    • Nicht gefordert ist, dass ein Gebäude allseitig geschlossen ist
  • Kleinbauten sind freistehende Gebäude, die in ihren Dimensionen die zulässigen Masse nicht überschreiten.
  • Anbauten sind mit einem anderen Gebäude zusammengebaut, überschreiten in ihren Dimensionen die zulässigen Masse nicht und enthalten nur Nebennutzflächen.
    • Gegenüber Hauptbaute privilegiert (z.B. reduzierte Abstände, Nichtberücksichtigung bei der Bemessung von Gebäudelänge und -breite)
    • Zulässige Masse werden von den Gemeinden in den Baureglementen festgelegt
  • Vorbauten sind punktuell oder nicht abgestützte, über die Fassade vorspringende Bauteile (Vordächer, Balkone, Erker, Veranden)
  • Als Niveaupunkt gilt der Schwerpunkt des kleinsten aus Gebäudelänge und Gebäudebreite ohne Anbauten und Dachvorsprünge gebildeten Rechtecks auf dem massgebenden Terrain.
    • Für Anbauten und zusammengebaute Gebäude wird der Niveaupunkt für jedes Gebäude oder jeden Gebäudeteil einzeln bestimmt
    • Als massgebendes Terrain gilt der natürliche oder, wenn dieser nicht mehr festgestellt werden kann, der bewilligte Geländeverlauf
    • Nach altem Recht gilt als Niveaupunkt der Schwerpunkt des Gebäudegrundrisses auf dem gewachsenen Boden (Art. 60 Abs. 2 BauG)

Das geschriebene Recht

Innerhalb des geschriebenen Rechts gibt es verschiedene Rechtsquellen mit unterschiedlicher Rangordnung. Sie unterscheiden sich nach der Art ihres Zustandekommens. Während bei der Verfassung und bei den Gesetzen die Stimmbürger ein grosses Mitspracherecht haben, werden die Verordnungen von der Regierung (= Exekutive) bzw. von einer Verwaltungsstelle erlassen.

  • Die Verfassung

– Sie ist der wichtigste Gesetzeserlass jedes Staates und bildet das Fundament der Gesetzgebung. In der Schweiz gibt es neben der Bundesverfassung (BV) noch 26 Kantonsverfassungen (KV).

– Die Verfassung regelt die wichtigsten Gebiete lediglich in den Grundzügen und nicht etwa in allen Einzelheiten (z.B. Art. 64 der Bundesverfassung: “Dem Bund steht die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Handelsrechts zu.”)

  • Die Gesetze

– Sie führen die Verfassungsartikel näher aus. Alle Gesetze – Bundesgesetze und kantonale Gesetze – werden vom Parlament, aufgrund der Verfassung, erlassen; sie müssen also eine verfassungsmässige Grundlage haben;

– z.B. das ganze Obligationenrecht ist ein Bundesgesetz und führt den Art. 64 der Bundesverfassung näher aus.

  • Die Verordnungen

– Sie enthalten nähere Ausführungen (Einzelheiten) zu den Gesetzen im Sinne von Wegleitungen und Vorschriften und regeln den Vollzug der Gesetze. Die Verordnungen müssen aber eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz haben und werden in der Regel von der Regierung (= Exekutive) erlassen;

– z.B. die Verordnung über das Handelsregister führt die Art. 927 ff. des Obligationenrechts näher aus.

Der grösste Teil des geschriebenen Rechts besteht aus Einzelerlassen, aus einzelnen Gesetzen und Verordnungen. Dies führt dazu, dass zum gleichen Rechtsproblem sehr viele Einzelerlasse bestehen, was den Überblick erschwert. Deshalb sind Kodifikationen anzustreben, d.h. umfassende Gesetze, welche ein grosses Rechtsgebiet umfassen und nach systematischen Grundsätzen ordnen, wie z.B. das OR, das ZGB, das StGB, das SchKG. Bedeutsam sind denn auch Gesetzessammlungen, worin alle staatlichen Erlasse der Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungsstufe nach Gebieten zusammengefasst werden.

Wenn jemand in einer Gemeinde ein Bauwerk errichten will, sind zahlreiche Vorschriften zu beachten, die aber aus verschiedenen Rechtsquellen stammen und zusammengetragen werden müssen. Selbstverständlich sind Unterschiede von Kanton zu Kanton sowie von Gemeinde zu Gemeinde möglich: Das kantonale Planungs- und Baugesetz, der Zonenplan der Gemeinde, das Baureglement der Gemeinde, das Reglement über die Kanalisation, das Reglement über den Wasseranschluss, das Bundesgesetz über den Zivilschutz in Sachen Zivilschutzraum.

Das Gewohnheitsrecht

Dazu zählen wir lang geübte Bräuche, die als allgemein verpflichtend angesehen werden. Von besonderer Bedeutung sind die Orts- und Handelsbräuche (Handelsusanzen); z.B. die Deutsche Usanz in der Zinsrechnung rechnet jeden Monat mit 30 Tagen; die Börsenusanzen; die 10 FIS-Regeln über das Verhalten auf der Skipiste.

Das Verwaltungsverfahren

Das Verwaltungsrecht regelt die vielfältigen Beziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern. Es bildet den umfangreichsten Tell der Rechtsordnung. Die Zahl der Rechtsnormen wächst rasch, und deren Inhalte müssen laufend den sich verändernden Verhältnissen angepasst werden (z.B. Steuergesetze, Bauordnungen). Es ist aber trotzdem unmöglich, für jeden einzelnen Fall besondere Vorschriften aufzustellen. Das Gesetz räumt deshalb der Verwaltung einen Ermessensspielraum ein. In all jenen Fällen, für die keine abschliessenden oder überhaupt keine Rechtsnormen bestehen, hat die Verwaltung aufgrund einer eigenen Beurteilung und Wertung zu entscheiden. Es versteht sich von selbst, dass ein solches freies Ermessen die Gefahr der Willkür in sich trägt. Deshalb sind für die Verwaltungstätigkeit einige Grundsätze entwickelt worden:

  • Grundsatz der Gesetzmässigkeit: Die Verwaltung darf nur dann tätig werden, wenn sie für ihre Tätigkeit und Entscheide eine ausreichende Rechtsgrundlage hat (Verfassung, Gesetze, Verordnungen).
  • Grundsatz der Gleichheit: Gleiches ist gleich und Ungleiches ist ungleich zu behandeln. Die Hauptschwierigkeit in der Praxis dürfte aber darin liegen, herauszufinden, welche Situationen als gleich und welche als ungleich zu betrachten sind.
  • Grundsatz der Verhältnismässigkeit: Ein Verwaltungsakt sollte den Verhältnissen und Umständen angepasst sein; er muss angemessen sein (nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen).
  • Grundsatz des Willkürverbots: Die Verwaltungstätigkeit muss sich sachlich rechtfertigen lassen. Sie darf nicht klare Rechts­vorschriften verletzen oder in stossender Weise dem Rechtsempfinden und dem allgemeinen Gerechtigkeitsgefühl zuwiderlaufen.

All diese Grundsätze über die Verwaltungstätigkeit haben aber nur dann einen Sinn, wenn man sie durchsetzen kann. Deshalb gibt es auch im Verwaltungsrecht die Möglichkeit, einen Entscheid einer Gemeinde- oder Kantonsbehörde bzw. einer Bundesbehörde anzufechten und von einer nächsthöheren Instanz überprüfen zu lassen. An welche Behörde ein Entscheid jeweils weitergezogen werden kann, geht aus der Rechtsmittelbelehrung im jeweiligen Entscheid hervor.

Entscheid eines Schulrates -> Rekurs an das Bildungsdepartement -> Rekurs an das Verwaltungsgericht des Kantons -> allenfalls staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht in Lausanne.

 

Der Aufbau der Rechtsordnung

Die Rechtsordnung wird im Allgemeinen in zwei Hauptgruppen aufgeteilt:

Das öffentliche Recht regelt Grundlagen, Organisation und Tätigkeit des Staates und umfasst folgende Rechtsgebiete:

 

  • Staatsrecht: In der Schweiz gibt es sowohl ein Bundesstaatsrecht (Bundesverfassung) als auch ein kantonales Staatsrecht (Kantonsverfassungen).
  • Verwaltungsrecht: Es ist eng mit dem Staatsrecht verknüpft und schafft den Rahmen, in dem sich die staatliche Verwaltungstätigkeit abspielt. Es regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen dem verwaltenden Staat (Behörden, Dienststellen) und den Bürgern, wie z. B. Polizeirecht, Verkehrsrecht, Baurecht, Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht.
  • Strafrecht: Es umfasst jene Rechtsvorschriften, welche das Verfahren und das Strafmass bei strafbaren Handlungen regelt. Das Strafrecht ist in der Schweiz vereinheitlicht und heisst Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB).
  • Prozessrecht: Im Prozessrecht ist das Verfahren vor Gericht festgelegt. Es zerfällt in Bestimmungen über den Zivilprozess, den Strafprozess und den Verwaltungsprozess.
  • Schuldbetreibungs- und Konkursrecht: Es behandelt das Verfahren beim Eintreiben von Geldforderungen.
  • Völkerrecht: Es regelt die Beziehungen zwischen den einzelnen Staaten. Dabei ist als Besonderheit zu beachten, dass das Völkerrecht nur aufgrund von Gewohnheitsrecht und Staatsverträgen besteht.

Das schweizerische Privatrecht ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) und im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) niedergelegt. Selbstverständlich fanden seither schon verschiedene Teilrevisionen statt. ZGB und OR sind Bundesgesetze (gelten für die ganze Schweiz) und umfassen folgende Rechtsgebiete:

  • Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) zerfällt in vier Teile:
    • Personenrecht: Es behandelt die Rechte der Persönlichkeit, den Personenstand und seine Beurkundung (Zivilstandsregister). Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen natürlichen Personen (Menschen) und juristischen Personen (vom Recht geschaffene Rechtsgebilde wie Aktiengesellschaften, Genossenschaften, Vereine, Stiftungen usw.). Beide sind Rechts­subjekte und können somit Träger von Rechten und Pflichten sein.
    • Familienrecht: Es umfasst alle Rechtsvorschriften, welche die persönlichen und vermö­gensrechtlichen Beziehungen der Familienmitglieder regeln, nämlich die Ehe, die Verwandtschaft (Kindesverhältnis) und die Vormundschaft.
    • Erbrecht: Es regelt die Rechtsnachfolge beim Tode und behandelt die gesetzlichen Erben, die Verfügungen von Todes wegen (Testament, Erbvertrag), die Wirkungen des Erbganges und die Teilung der Erbschaft.
    • Sachenrecht: Es umfasst jene Vorschriften, welche die Rechte an Sachen regeln, insbesondere
      • das Eigentum (Grundeigentum, Stockwerkeigentum, Fahrniseigentum)
      • die beschränkten dinglichen Rechte (z.B. Dienstbarkeiten, Grundpfand)
      • den Besitz und das Grundbuch

 

  • Das Schweizerische Obligationenrecht (OR) bildet wohl den 5. Teil des Zivilgesetzbuches, ist aber ein selbständiger Teil. Es wird meistens gesondert gedruckt und ist vor allem das Gesetz des Kaufmanns.

Gegenstand des Obligationenrechts sind die folgenden fünf Abteilungen:

  • allgemeine Bestimmungen über die Obligation
  • die einzelnen Vertragsverhältnisse (Kaufvertrag, Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Werkvertrag, Auftrag, Bürgschaft usw.) Das OR regelt aber nicht alle Verträge, die heute vorkommen. Nicht zu finden sind beispielsweise der Depotvertrag, der Leasingvertrag, der Lizenzvertrag.
  • die Handelsgesellschaften und die Genossenschaft
  • Handelsregister, Geschäftsfirmen und kaufmännische Buchführung
  • die Wertpapiere

Das schweizerische Privatrecht, insbesondere das Obligationenrecht, ist dadurch gekennzeichnet, dass es den Vertragsparteien grosse Freiheiten einräumt. Viele Rechtsvorschriften gelten nur dann, wenn die beteiligten Parteien nichts anderes vereinbart haben. Solche Rechtsvorschriften bezeichnet man als ergänzendes oder dispositives Recht, und man erkennt sie an der Formulierung (z.B. „Ist weder durch Vertrag noch …“, „Wo nichts anderes vereinbart wurde …“). In bestimmten Fällen dürfen aber die Rechtsvorschriften nicht abgeändert werden; solche Rechtsnormen haben zwingenden und unabänderlichen Charakter, was als zwingendes Recht bezeichnet wird.

Der Strafprozess

Jeder Staat braucht eine Rechtsordnung, damit das friedliche Zusammenleben garantiert ist. Damit diese Rechtsordnung auch durchgesetzt werden kann, müssen Sanktionen ausgesprochen werden können, die den Rechtsbrecher treffen. Wenn nun der Staat, vertreten durch den Staatsanwalt, ein Strafverfahren einleitet und als Ankläger auftritt, spricht man von einem Strafprozess. Dabei kann es sich um Vergehen und Verstösse im Rahmen des Strafgesetzbuches (StGB) und des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) sowie um Straftatbestände aus anderen Gesetzen (wie z.B. Planungs- und Baugesetz) handeln. Bei schwereren Vergehen und Verbrechen (z. B. Veruntreuung, Raub, Mord) greift der Staat von Amtes wegen ein (Offizialdelikt) und untersucht den Straftatbestand. Ist das Vergehen leichterer Natur (z. B. Diebstahl gegenüber Angehörigen, Verleumdung, Zechprellerei, fahrlässige Körperverletzung), so klärt der Untersuchungsrichter den Sachverhalt nur auf Antrag der geschädigten Partei ab (Antragsdelikt).

In einem Strafverfahren werden folgende Phasen durchlaufen:

Phase 1:   Polizeiliche Ermittlung

Es ist Aufgabe der Polizei (auf Antrag bzw. von Amtes wegen) den Tatbestand so rasch als möglich aufzunehmen, das Beweismaterial zu sichern und allenfalls Verdächtige festzunehmen.

Phase 2:   Voruntersuchung

Aufgrund der Ermittlungen prüft der Staatsanwalt, ob das vorhandene Beweismaterial für eine Anklageerhebung aus­reicht oder ob das Verfahren einzustellen ist.

Phase 3:   Hauptverfahren

Aufgrund der Anklageerhebung beginnt der eigentliche Strafprozess, in welchem über Schuld oder Unschuld des Angeklagten entschieden wird. Als Ankläger tritt der Staat auf, vertreten durch den Staatsanwalt. Die harmloseren Fälle werden in der Regel auf dem schriftlichen Wege entschieden. Bei den anderen Fällen kommt es auch zu einer mündlichen Gerichtsverhandlung mit dem Angeklagten, dem Staatsanwalt und eventuellen Zeugen.

Das Gericht hat alle Gesichtspunkte des Falles von sich aus solange zu prüfen, bis es überzeugt ist, die Wahrheit gefunden zu haben. Eine Verurteilung darf nur gestützt auf genügende und sichere Beweise vorgenommen werden; im Zweifelsfalle ist der Angeklagte freizusprechen.

Phase 4:   Urteil

Wenn der Angeklagte als schuldig befunden wird, kommt es zu einer Verurteilung. Je nach der Schwere des Vergehens wird die Strafe ausgesprochen als Busse, Geld-  oder Freiheitsstrafe.

Phase 5:   Rechtsmittelbelehrung

Sowohl der Angeklagte als auch der Ankläger (Staatsanwalt) können das Urteil grundsätzlich an eine nächsthöhere Instanz zur Neubeurteilung weiterziehen.

Phase 6:   Strafvollzug

Wenn die Rechtsmittelfrist ungenützt abgelaufen ist bzw. der Instanzenweg ausge­schöpft ist, erlangt das Urteil Rechtskraft. Anschliessend wird es durch die Verwaltungsbehörde vollzogen.

Der Zivilprozess

Bei Streitigkeiten über privatrechtliche Angelegenheiten aus dem OR oder dem ZGB spricht man von einem Zivilprozess. Die Parteien heissen Kläger und Beklagter. Zum Wesen des Zivilprozesses gehört, dass er nie von Amtes wegen geführt wird; es muss immer jemand ein entsprechendes Begehren stellen (wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter). Es liegt auch im Ermessen der Parteien, den Prozess jederzeit durch Klagerückzug, Klageanerkennung oder durch einen Vergleich abzubrechen. Üblicherweise unterscheidet man beim Zivilprozess folgende Phasen in der Abwicklung des Verfahrens:

Phase 1:   Vermittlungsverfahren

Bevor mit dem eigentlichen Prozess begonnen werden kann, muss der Streit einer unabhängigen Person (Vermittler) zur Aussöhnung vorgelegt werden. Wenn keine Einigung gelingt, kommt es zum eigentlichen Prozess.

Phase 2:   Hauptverfahren

Der Kläger reicht die Klage ein, worin er seine Ansprüche geltend macht und begründet sowie die entsprechenden Beweise vorlegt. Je nach Streitgegenstand gibt es zuerst ein schriftliches Vorverfahren oder direkt die mündliche Verhandlung vor dem Gericht. Dabei ist zu beachten, dass das Gericht an das gebunden ist, was die Parteien im Verfahren vorbringen. Es ist also nicht Aufgabe des Gerichts, den wahren Sachverhalt selber abzuklären; das Gericht hat lediglich das Vorgebrachte (Anträge, Begründungen, Beweise usw.) zu würdigen und dann zu urteilen.

Phase 3:   Urteil

Aufgrund der vorgebrachten Tatsachen und der Ergebnisse der Beweiswürdigung fällt das Gericht das Urteil. Darin kann die Klage vollumfänglich oder teilweise gutgeheissen bzw. abgelehnt werden.

Phase 4:   Rechtsmittelbelehrung

Je nach der Bedeutung des Streitfalles (Streitsumme) kann das gefällte Urteil an ein höheres Gericht weitergezogen werden, was man als Berufung bezeichnet. Der Hinweis im Urteil, innert welcher Frist ein Urteil an eine nächsthöhere Instanz weitergezogen werden kann, nennt man Rechtsmittelbelehrung.

Phase 5:   Erfüllung des Urteils

Wenn ein Weiterzug des Urteils nicht mehr möglich ist bzw. die Berufungsfrist ungenützt verstrichen ist, wird das Urteil rechtskräftig. Die unterlegene Partei muss nun die im Urteil festgehaltenen Leistungen (sehr oft Geldzahlungen) erbringen; nötigenfalls können die Geldansprüche auf dem Wege der Betreibung durchgesetzt werden (sofern der Schuldner zahlungsfähig ist).

Bei einem Zivilprozess ist grundsätzlich folgender Prozessweg (Instanzenweg) möglich: