Auch die Baubewilligungspflicht ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Bestimmungen des Bundes und des Kantons zusammenspielen. Das Raumplanungsgesetz regelt, dass Bauten und Anlagen nur mit einer behördlichen Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen (Art. 22 Raumplanungsgesetz). Das PBG wiederholt diesen Grundsatz und legt in einer nicht abschliessenden Aufzählung fest, was nicht bewilligungspflichtig ist (Art. 136 PBG).
Dass der Artikel nicht abschliessend ist, erkennt man am Wort „insbesondere“. Es ist schlicht unmöglich, jeden Tatbestand in diesem Artikel festzuhalten. Er müsste laufend revidiert werden (z.B. aufgrund der technischen Entwicklung). Ob ein Vorhaben, das zu keinem konkreten Tatbestand von Art. 136 PBG passt, keiner Baubewilligung bedarf, ist abzuwägen (Dauer? Wird die Nutzungsordnung beeinflusst oder der Raum äusserlich erheblich verändert? Wird die Erschliessung belastet oder die Umwelt beeinträchtigt?).
Die Schaffung von Parkplätzen (Anlage) unterliegt der Bewilligungspflicht (Art. 136 Abs. 1 PBG).
Weist ein Gastwirt seine Gäste einmalig, weil er schlicht keine anderen Parkplätze anbieten kann, auf die Kuhweide seines Nachbarn zum Parkieren ein, ist dies nicht baubewilligungspflichtig.
Wie sieht es aus, wenn ein Grundeigentümer ein in der Landwirtschaftszone gelegenes Grundstück in der Wintersaison regelmässig als Parkplatz für Besucher der angrenzenden Skiliftanlage zur Verfügung stellt? Mit einer Tafel bei der Einfahrt fordert er die Nutzer auf, eine Parkgebühr in die Kasse zu werfen.
Auf Bundesebene ist geregelt, dass Bauten und Anlagen nur mit einer behördlichen Bewilligung errichtet und geändert werden dürfen. Das St. Galler Recht wiederholt diesen Grundsatz und legt in einer Aufzählung fest, was nicht bewilligungspflichtig ist (Art. 136 PBG). Die einzelnen Tatbestände schauen wir zu einem späteren Zeitpunkt an. Vorerst genügt ein grober Überblick über das Baubewilligungsverfahren:

Das Baurecht enthält Rechtsnormen über das Bauen, d.h. Vorschriften, welche die Errichtung, den Bestand, die Veränderung sowie die Nutzung von Bauten und Anlagen betreffen.
Das kantonale Planungs- und Baugesetz (PBG) fasst die Normen des Raumplanungsrechts (Ortsplanung) sowie des Baurechts (Baupolizeirecht) zusammen. Sodann enthält es Bestimmungen über den Natur- und Heimatschutz.
Das Baureglement einer Gemeinde enthält unter Vorbehalt der Gesetzgebung des Bundes und des Kantons die Bauvorschriften für das gesamte Gemeindegebiet. Zusammen mit dem Zonenplan bildet es die Grundordnung in jeder Gemeinde, die auch als Rahmennutzungsplan bezeichnet wird.
In den Baureglementen finden sich typischerweise Bestimmungen zu den Zuständigkeiten, die Regelbauvorschriften zu den einzelnen Zonen, Details zur Messweise und Definitionen, Vorschriften zur Konstruktion und Gestaltung, Hygienevorschriften oder Vorgaben zum Bauvorgang und der Baukontrolle. Viele Reglemente enthalten mittlerweile übersichtliche Tabellen und Skizzen, die die rechtlichen Grundlagen anschaulich zusammenfassen.

Die Gemeinden sind verpflichtet, ein Baureglement zu erlassen. Die Stadt St. Gallen verwendet den Begriff „Bauordnung“.
Die Baureife setzt voraus, dass eine hinreichende Erschliessung besteht. Auch auf einem erschlossenen Land darf aber (noch) nicht gebaut werden, wenn planungsrechtliche (z.B. Pflicht zum Erlass eines Sondernutzungsplanes) oder polizeiliche Gründe (z.B. Hangrutsch) entgegenstehen.
Das Bau- und Umweltrecht verwendet die Begriffe „Bauten und Anlagen“. Das Planungs- und Baugesetz enthält ein Kapitel mit Begriffsdefinitionen (Art. 73 ff. PBG), dass zumindest das „Gebäude“ definiert. Juristen verwenden folgende Definitionen:
Bauten sind Bauwerke, die kubisch und räumlich in Erscheinung treten und derart ausgestaltet sind, dass sie geeignet sind, Menschen, Tiere oder Sachen gegen Witterungseinflüsse ganz oder teilweise zu schützen. Darunter sind alle baulichen Vorrichtungen zu subsumieren, die baupolizeilich und planerisch von Bedeutung sind.[1]
Demgegenüber liegt eine Anlage vor, wenn das Ergebnis einer baulichen Massnahme in Form, Gestalt und Ausmass derart in Erscheinung tritt und auf die Nachbarschaft oder auf den öffentlichen Grund in der Weise einwirkt, dass dadurch öffentliche Interessen berührt werden bzw. wenn damit im Allgemeinen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge so wichtige räumliche Folgen verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht.[2]
Ein tageweise errichtetes Kinderbad ist weder eine Anlage, noch eine Baute. Ein fest installierter Swimmingpool oder ein Trampolin sind Anlagen. Ein überdachter Swimmingpool ist eine Baute.
Die Unterscheidung zwischen Bauten und Anlagen ist deshalb bedeutsam, weil das Recht teilweise unterschiedliche Regelungen für diese beiden Arten enthält.
Der Grenzabstand (Art. 92 PBG) gilt nur für Bauten. Die Gemeinden sind aber befugt, in ihren Baureglementen zusätzliche Abstände für Anlagen zu erlassen.
[1] VerGE vom 12. Dezember 1984 i.S. E.K.
[2] VerGE vom 30. Mai 1995 i.S.B. und M. mit Hinweis auf BGE 119 Ib 226 f.
Die Gemeinden müssen in ihren Nutzungsplänen für Bauten und Bauteile mindestens Massangaben über Gesamthöhe, Grenzabstand und Gebäudeabstand festlegen. Dies stellt eine geordnete Siedlungsentwicklung sicher und schafft Rechtssicherheit für die Nachbarn, wenn je Nutzungszone wenigstens die Gesamthöhe, der Grenz- und der Gebäudeabstand festgelegt sind.
Darüber hinaus steht den Gemeinden ein Katalog an Regelbauvorschriften zur Verfügung, die sie ihren Bedürfnissen entsprechend regeln können (z.B. Gebäudelänge und –breite, Gebäude- oder Fassadenhöhe).
Art. 79 PBG bezieht sich ausschliesslich auf Bauten und Bauteile. Für Anlagen dürfen keine Regelbauvorschriften, insbesondere kein Grenzabstand, erlassen werden (das geht nur mit einem Sondernutzungsplan).
Entgegen dem Baugesetz kennt das PBG keine Ausnützungsziffer und keine Vorschriften über Geschosse mehr.
Begriffe[1]
[1] vgl. Balthasar Heer, St.Gallisches Bau- und Planungsrecht, Bern 2003, Rz. 36 f.
Baurecht
Umweltrecht
Übersicht Bund, Kanton, Gemeinde
Das PBG definiert eine Reihe von Begriffen, die im Baugesetz fehlten.
- Gebäude sind ortsfeste Bauten, die zum Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen eine feste Überdachung und in der Regel weitere Abschlüsse aufweisen (siehe auch Ziffer 4.3).
- Nicht ortsfeste Objekte wie Camping- oder Baustellenwagen sind damit keine Gebäude
- Nicht gefordert ist, dass ein Gebäude allseitig geschlossen ist
- Kleinbauten sind freistehende Gebäude, die in ihren Dimensionen die zulässigen Masse nicht überschreiten.
- Anbauten sind mit einem anderen Gebäude zusammengebaut, überschreiten in ihren Dimensionen die zulässigen Masse nicht und enthalten nur Nebennutzflächen.
- Gegenüber Hauptbaute privilegiert (z.B. reduzierte Abstände, Nichtberücksichtigung bei der Bemessung von Gebäudelänge und -breite)
- Zulässige Masse werden von den Gemeinden in den Baureglementen festgelegt
- Vorbauten sind punktuell oder nicht abgestützte, über die Fassade vorspringende Bauteile (Vordächer, Balkone, Erker, Veranden)
- Als Niveaupunkt gilt der Schwerpunkt des kleinsten aus Gebäudelänge und Gebäudebreite ohne Anbauten und Dachvorsprünge gebildeten Rechtecks auf dem massgebenden Terrain.
- Für Anbauten und zusammengebaute Gebäude wird der Niveaupunkt für jedes Gebäude oder jeden Gebäudeteil einzeln bestimmt
- Als massgebendes Terrain gilt der natürliche oder, wenn dieser nicht mehr festgestellt werden kann, der bewilligte Geländeverlauf
- Nach altem Recht gilt als Niveaupunkt der Schwerpunkt des Gebäudegrundrisses auf dem gewachsenen Boden (Art. 60 Abs. 2 BauG)
